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Verwechslungsgefahr bei Zeichenbestandteilen mit schwacher Kennzeichnungskraft

Januar 2021
Entscheidung des EuG

EuG, T-589/19 vom 9.9.2020 –  FAIR ZONE ./. FAIR

  • Nach einer Klage gegen die Entscheidung der Beschwerdekammer bejaht das Gericht der Europäischen Union (EuG) eine Verwechslungsgefahr nach Art. 8 Abs. 1 Buchst. b) UMV bei Warenidentität in den Klassen 25 und 28.
  • Schon aufgrund ihrer Eintragung ist zumindest von einer originären schwachen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke auszugehen.
  • Der Wortbestandteil „FAIR“ der Widerspruchsmarke verfügt nur über eine schwache Kennzeichnungskraft, da er als Bezugnahme auf fairen Handel verstanden werden könnte. Dennoch darf dieser Bestandteil beim Vergleich der Zeichen nur unter der Voraussetzung unbeachtet bleiben, dass er in ihrem Gesamteindruck zu vernachlässigen ist. Dies ist jedoch bei dem Wortbestandteil „FAIR“ der älteren Marke nicht der Fall.
  • Auch bei dem jüngeren Zeichen zieht der Bestandteil „FAIR“ die meiste Aufmerksamkeit des Verbrauchers auf sich und wird durch den Bestandteil „ZONE“ nur verstärkt.
  • Im Zeichenvergleich besteht deshalb unter Berücksichtigung ihres Gesamteindrucks eine in schriftbildlicher und klanglicher Hinsicht durchschnittliche Ähnlichkeit der Marken.
Folgen für die juristische Praxis
  • Auch Bestandteile mit originär schwacher Kennzeichnungskraft, beispielsweise auf Grund des Bezugs zu den Waren und Dienstleistungen, können eine selbstständig kennzeichnende Stellung einnehmen.
  • Insgesamt kann daher eine Verwechslungsgefahr auch bei einer älteren Marke mit originär schwacher Kennzeichnungskraft nicht von vorneherein ausgeschlossen werden.
  • Im Widerspruchsverfahren kann einer Widerspruchsmarke als Registerrecht nicht jegliche Kennzeichnungskraft abgesprochen werden, da Marken, die keine Unterscheidungskraft haben, von der Eintragung ausgeschlossen sind. Die Gültigkeit einer älteren Marke kann daher nur in einem Nichtigkeitsverfahren in Frage gestellt werden.
  • Pauschale Aussagen über die Auswirkung dieser Rechtsprechung auf andere Fallkonstellationen können jedoch kaum getroffen werden, da generell stets alle Umstände des Einzelfalls berücksichtigt werden müssen.
Dr. Philipp Ganz

Dr. Philipp Ganz Patentanwalt

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