Lizenzerteilung durch Miterfinder
BGH, Urteil vom 9.6.2020 – X ZR 142/18 (Penetrometer)
Sachverhalt
In einer Erfindergemeinschaft entwickelt ein Konstrukteur zusammen mit einem Arbeitskollegen eine Erfindung zur Flammpunktprüfung (Penetrometer). Der Arbeitgeber der beiden meldet hierfür Schutzrechte an, jedoch ohne die Erfindung wirksam in Anspruch zu nehmen. Vom Arbeitgeber werden der Konstrukteur und sein Arbeitskollege als Erfinder benannt.
Da der Arbeitgeber die Erfindungen benutzt, verklagt der Konstrukteur den Arbeitgeber und verlangt von ihm Schadensersatz sowie Auskunft und Rechnungslegung.
Erst im Berufungsverfahren legt der Arbeitgeber eine neu mit dem Arbeitskollegen (und Miterfinder) geschlossene Vereinbarung vor. Diese sieht eine Übertragung der Erfinderanteile des Arbeitskollegen an den Arbeitgeber und eine rückwirkende Gestattung der Benutzung durch den Arbeitgeber vor.
Der Konstrukteur zweifelt die Wirksamkeit dieser Abrede an und verlangt alternativ die Feststellung, dass der Arbeitskollege verpflichtet sei zur Zahlung eines Ausgleichs für diejenigen Gebrauchsvorteile, die einen etwaigen Anteil des Arbeitgebers an den Schutzrechten übersteigen.
Das OLG Düsseldorf beschränkt die Zahlung von Schadensersatz auf Handlungen vor dem Datum der Vereinbarung. Denn mit der Vereinbarung habe das Unternehmen die Miterfinderanteile des Kollegen erworben und als solche auch rechtmäßig nutzen dürfen.
Entscheidung des BGH
Durch den Umstand, dass der Arbeitskollege in der Vereinbarung die Nutzung der gemeinschaftlichen Erfindungen für die Vergangenheit gestattet hat, ist nicht rückwirkend ein schuldrechtliches Nutzungsrecht des Arbeitgebers begründet worden.
Durch eine derartige Vereinbarung werden die Rechte des Konstrukteurs in unzulässiger Weise beeinträchtigt, weshalb sie unwirksam sei. Nach § 745 Abs. 3 Satz 2 BGB kann durch eine Verwaltungsentscheidung das Recht des einzelnen Teilhabers auf einen seinem Anteil entsprechenden Bruchteil der Nutzungen nicht ohne seine Zustimmung beeinträchtigt werden.
Leitsatz
Soll in einer Erfindergemeinschaft nach Bruchteilen mit Stimmenmehrheit beschlossen werden, dass einem Dritten die Nutzung der Erfindung gegen Entgelt gestattet wird, muss die mit dem Dritten getroffene Vereinbarung so ausgestaltet sein, dass Teilhabern, die der Gestattung nicht zugestimmt haben, der Zugriff auf den ihnen gebührenden Anteil an den Nutzungen möglich bleibt.
Folgen für die juristische Praxis
- Grundsätzlich kann jeder Erfinder über seinen Anteil verfügen und ist auch berechtigt, Dritten die Nutzung der Erfindung zu gestatten. Voraussetzung hierfür ist ein Mehrheitsbeschluss innerhalb der Erfindergemeinschaft.
- Sieht aber die Nutzungsgestattung nur eine Zahlung eines Entgelts an den Miterfinder vor, der der Gestattung zugestimmt hatte, jedoch nicht an die übrigen Miterfinder bzw. die Erfindergemeinschaft insgesamt, so sind dadurch die Interessen der übrigen Mitglieder der Erfindergemeinschaft widerrechtlich beeinträchtigt.
- Sollen durch eine Vereinbarung Dritten Rechte an gemeinschaftlichen Erfindungen eingeräumt werden, ist große Aufmerksamkeit erforderlich: Die Regelung muss vorsehen, dass die Nutzungsentgelte nicht alleine an einen Miterfinder, sondern an die ganze Erfindergemeinschaft als solche zu zahlen sind, welche die Entgelte unter den Miterfindern entsprechend ihren Anteilen aufzuteilen hat.
Dietrich Blumenröhr
Patentanwalt