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Berufungsbegründung per Telefax

November 2020
Ist eine Berufung zulässig, wenn bei der Telefax-Übermittlung der Berufungsbegründung nicht alle Seiten rechtzeitig beim BGH eintreffen?
Entscheidung des BGH zum Antrag auf Wiedereinsetzung

Der Bundesgerichtshof gibt dem Antrag auf Wiedereinsetzung statt, denn dieser sei zulässig und begründet:

  • Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH dürfen Verfahrensbeteiligte die ihnen vom Gesetz eingeräumten prozessualen Fristen bis zu ihrer Grenze ausnutzen.
  • Vorliegend hat der Versender das seinerseits Erforderliche getan, um die Frist bei der Übermittlung der Berufungsbegründung zu wahren. Durch ordnungsgemäße Nutzung des Fax-Gerätes zur Übermittlung der Berufungsbegründung per Telefax war unter normalen Umständen mit einem Abschluss vor 0 Uhr zu rechnen.
  • Die organisatorischen Vorkehrungen des Versenders waren auf die Übermittlung per Telefax eingestellt. Daher ist von ihm nicht zu verlangen gewesen, kurzfristig eine andere Zustellungsart zu wählen.
  • Den Versender trifft keine Pflicht, nach einem Rechtsanwalt zu suchen, der den Versand für ihn über das besondere elektronische Anwaltspostfach (beA) vornehmen kann. Nur Rechtsanwälte haben Zugriff auf ein solches Postfach, sodass eine bestehende Vertretungsbefugnis eines Patentanwalts vor dem BGH eingeschränkt wäre, wenn besagter Patentanwalt sich unmittelbar vor Fristablauf um die Unterstützung eines Rechtsanwaltes kümmern müsse.
  • Siehe auch: der gesamte Beschluss des BGH.
Folgen für die juristische Praxis bei der Übermittlung per Telefax
  • Aufgrund der Dokumentenechtheit von Fax-Übersendungen wird das Telefax auch in Zukunft eine große Rolle bei der Übermittlung von Dokumenten spielen. Daher enthät die Entscheidung des BGH wichtige Anhaltspunkte für die juristische Praxis.
    • Etwaige angezeigte Störungen dürfen nicht vorschnell zum Anlass genommen werden, von weiteren Sendeversuchen abzusehen. Vielmehr soll zumindest der Versuch unternommen werden, erkennbar gewordene Übermittlungsfehler zu beheben. Es sollten auch weitere Übermittlungsversuche unternommen werden. Insgesamt soll also sichergestellt werden, dass die Übermittlungsschwie­rigkeiten nicht im Bereich des Versenders liegen.
    • Als Faustregel kann angenommen werden: Je Seite ist eine Übermittlungszeit von 30 Sekunden anzusetzen. Die sich ergebende Gesamtdauer zur Telefax-Übermittlung ist zusätzlich um einen Sicherheitszuschlag von etwa zwanzig Minuten zu erhöhen.
Dietrich Berger

Dietrich Berger Patentanwalt

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