
Beilegung von Domain-Streitigkeiten
Angenommen, Sie werden auf einen Fake-Onlineshop aufmerksam, von dem Ihre Marke missbräuchlich verwendet wird. In dem Fake-Onlineshop wird Ihr als Marke eingetragenes Firmenlogo benutzt und auch das Produktsortiment gleicht Ihrem eigenen. Die Domain des Fake-Onlineshops ist zum Verwechseln ähnlich zu Ihrer Firmen-Homepage. Eine whois-Abfrage nach dem Domain-Inhaber bei dem Registrar ergibt, dass die Domain offensichtlich unter falschem Namen angemeldet wurde. Wie würden Sie gegen den Fake-Onlineshop vorgehen?
Domains können schnell und ohne großen Aufwand registriert werden. Während es kein spezielles Domain-Recht-Gesetz gibt, können Rechte an einer Domain durch Anwendung des Marken-, Namens- und Wettbewerbsrecht entstehen. Solche Rechte können durch die Verwendung oder schon durch die Registrierung einer Domain verletzt werden. Mit einer gerichtlichen Klage kann gegen solche Rechtsverletzungen vorgegangen werden. Gerichtliche Verfahren können jedoch langwierig und kostspielig sein und ihr Ausgang ist ungewiss. In vielen Fällen bietet daher eine alternative Streitbeilegung ein besseres Kosten-Nutzen-Verhältnis als eine Klage. In diesem Beitrag werden einige Streitbeilegungsverfahren beleuchtet, mittels derer alternativ oder ergänzend zur gerichtlichen Klage Rechte an einer Domain durchgesetzt werden können.
Überblick über Internet-Domains
Die Auswahlmöglichkeiten an Streitbeilegungsverfahren richten sich nach der Art der Top-Level-Domain (TLD) einer umstrittenen Domain. Die TLD ist die Buchstabenfolge hinter dem letzten Punkt einer Domain, bspw. ist „.org“ die TLD der Domain „de.wikipedia.org“.
Die wichtigste Organisation im Zusammenhang mit der Domainvergabe ist die Internet Corporation for Assigned Names and Numbers, kurz ICANN. Sie teilt Network Information Centers (NIC) Top-Level Domains zu, die von den NICs verwaltet werden. Ein Beispiel für eine NIC ist die DENIC (Deutsche NIC), welche die TLD „.de“ verwaltet.
TLDs werden jeweils bezogen auf ihren Zweck gruppiert. Um eine Länderherkunft zu kennzeichnen, gibt es daher die länderspezifischen TLDs (ccTLD). Firmen oder Städte können die spezifischen brand-TLDs verwenden. Generische Domains (gTLD) sind nicht an ein Land oder einen Zweck geknüpft. Die generischen TLDs sind weiter unterteilt in „klassische gTLDs“ und „neue gTLDs“.
Beispiele für die verschiedenen Arten von TLDs:
- Klassische gTLD: .com, .net, .org, .info
- Neue gTLD: .shop, .online, .blog, .app
- ccTLD: .de, .eu, .uk, .fr
- brand-TLD: .wolterskluwer
- geo-TLD: .kyoto
Die wichtigsten Rollen im Zusammenhang mit Domains sind Registry, Registrar und Registrant. Registry ist ein anderer Begriff für NIC; die Registry verwaltet also Domains unter einer oder mehreren bestimmten TLDs. Ein Registrant ist ein Endkunde, der eine Domain registrieren will. In der Regel werden Domains nicht von der Registry and Endkunden vergeben, sondern von einem Registrar, der die Registrierung von Domains als Dienstleistung anbietet. Um eine Domain zu registrieren, muss der Registrant sich daher an einen Registrar wenden, der die Eintragung der Domain bei der Registry veranlasst. Die zuvor erwähnte DENIC tritt neben ihrer Rolle als NIC für .de-Domains auch als Registrar auf.
Arten von Streitbeilegungsverfahren
UDRP (Uniform Domain-Name Dispute-Resolution Policy)
UDRP ist das ursprüngliche Domain-Streitbeilegungsverfahren und kann für gTLDs und einige ccTLDs genutzt werden. Das Verfahren kann bei dem WIPO (World Intellectual Property Organization) Arbitration and Mediation Center gestartet werden. Vorausgesetzt wird, dass der Beschwerdeführer Inhaber einer verletzten Marke ist, strittige Domains identisch oder verwechselbar mit der verletzten Marke sind und dass die Domain in böser Absicht verwendet wird. Beschwerdegegner kann nur der Registrant der Domains sein, nicht etwa der Registrar. Die Beweislast zum Nachweis der Bösgläubigkeit liegt bei dem Beschwerdeführer. Dazu genügt jedoch der Beweis von Umständen, die darauf hindeuten, dass die Domain nur registriert wurde, um sie zu verkaufen, den Markeninhaber zu behindern, Geschäfte eines Konkurrenten zu stören oder um Internetnutzer auf eine bestimmte Webseite zu locken. In der Regel dauert ein Verfahren nach der UDRP zwei Monate ab Eingang der Beschwerde und geht mit Amtsgebühren von etwa 1.500 USD einher. Es ist zu beachten, dass keine Rechtsmittel gegen Entscheidungen in einem UDRP-Verfahren eingelegt werden können, sodass stets erwogen werden sollte, parallel gerichtlich gegen den Registrant der Domain vorzugehen.
URS (Uniform Rapid Suspension)
Ergänzend oder alternativ zu einem UDRP-Verfahren kann für neue gTLDs eine URS erwirkt werden. Eine URS ist kein Streitbeilegungsverfahren per se, es wird aber angezeigt, dass um eine Domain gestritten wird. Eine URS bewirkt, dass die bestrittene Domain nicht an Dritte weitergegeben oder gelöscht werden kann. Die Nutzung der Domain bleibt davon zunächst unberührt. Eine URS kann schneller erwirkt werden als eine Entscheidung bei UDRP und liegt mit Gebühren in Höhe von etwa 300 – 500 USD auch unter deren amtlichen Gebühren.
ADR (Alternative Dispute Resolution)
Die ADR ist das europäische Pendant zur UDRP und wird für .eu-Domains von der WIPO und dem tschechischen Schiedsgericht CDC angeboten. Für .eu-Domains kann kein UDRP-Verfahren eröffnet werden. Im Unterschied zu UDRP muss der Beschwerdeführer nicht Markeninhaber sein, sondern kann auch Rechteinhaber von Handels-, Unternehmens- und Familiennamen sein. Die Beschwerde kann zudem gegen das Register gerichtet sein, sofern bewiesen werden kann, dass eine Entscheidung des Registers im Widerspruch zu EU-Verordnungen steht. Inhaltlich entscheidet eine Schiedskommission über die Beschwerde. Eine Entscheidung der Schiedskommission ist nicht anfechtbar. Die Folgen einer Entscheidung werden jedoch erst binnen 30 Tagen wirksam. Bis zum Ablauf der 30 Tage kann eine Inkenntnissetzung von einem Verfahren erfolgen, das vor einem Gericht mit beiderseitigem Gerichtsstand angestrengt wird. Bei Ausbleiben einer solchen Inkenntnissetzung wird die Entscheidung umgesetzt. Ein Verfahren nach der ADR dauert ca. 3 Monate und kostet etwa 1.300 EUR amtliche Gebühren.
Für .de-Domains ist kein Streitbeilegungsverfahren vorgesehen. Alle .de-Domains werden von der zuvor erwähnten DENIC verwaltet. DENIC bietet als Instrument in Domain-Streitigkeiten den DISPUTE-Eintrag an, der, ähnlich wie URS, eine Weitergabe einer umstrittenen Domain verhindert. Eine mit einem DISPUTE-Eintrag versehen Domain kann weiterhin genutzt werden. Voraussetzung für einen DISPUTE-Eintrag ist, dass bei der DENIC innerhalb des letzten Monats eine Anfrage zum Inhaber der Domain gestellt wurde und dass der Antragssteller eine Auseinandersetzung mit dem Registrant sucht. Dabei muss versichert werden, dass unmittelbar nach Antragsstellung die Auseinandersetzung aufgenommen wird. Zudem müssen Unterlagen eingereicht werden, aus denen sich ergibt, dass der Antragssteller Rechte an den strittigen Domains hat. Ein DISPUTE-Eintrag ist auf ein Jahr befristet, verlängerbar bei Andauern der Auseinandersetzung. Falls es durch die Auseinandersetzung zur Löschung der Domain kommt, wird der Inhaber des DISPUTE-Eintrags neuer Inhaber der umstrittenen Domain. Die Erhebung eines DISPUTE-Eintrags kostet keine amtlichen Gebühren.
Fazit
Bei missbräuchlich genutzten oder registrierten Domains sollte rasch gehandelt werden. Gerichtsverfahren benötigen aber eine lange Zeit, weshalb ersetzend oder ergänzend auf einem alternativen Weg eine Streitbeilegung ersucht werden sollte. Welches Streitbeilegungsverfahren und ob ein ergänzendes Gerichtsverfahren angestrengt werden sollte, um ein optimal aufgestellt zu sein, ergibt sich aus dem konkreten Sachverhalt. Die vorgeschlagenen Verfahren stellen dabei eine Auswahl an rechtlichen Werkzeugen dar.
Quellen
- GRUR Prax 5/2025, S. 165 – 168
- https://www.wipo.int/amc/en/domains/guide/https://www.denic.de/service/dispute
- https://newgtlds.icann.org/en/applicants/urs
- https://eu.adr.eu/data/2022-adr-eu-rules/alternative-dispute-resolution-de.pdf
- https://www.denic.de/fragen-antworten
Haben Sie Fragen zum Thema?
Nehmen Sie gerne Kontakt zu uns auf.

Dr. Christian Luedtke
Technisch / juristischer Experte