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Metaverse und IP - geistiges Eigentum in der digitalen Zukunft

September 2023

Angesichts der zunehmenden Bedeutung des Metaverse nehmen auch die Fragen von Anmeldern und Inhabern gewerblicher Schutzrechte stetig zu. Mit diesem Artikel möchten wir einen leicht verständlichen Einblick darüber geben, worum es sich bei „dem Metaverse“ überhaupt handelt, wieso der gewerbliche Rechtschutz darin eine große Bedeutung spielt und worauf im Zusammenhang mit der Anmeldung von Marken, Patenten und Designs geachtet werden muss.

Metaverse: digitale Zukunft in Händen von menschlicher und digitaler Hand
Das Metaverse: Eine neue Realität

Der Begriff des „Metaverses“ bezieht sich auf einen virtuellen Raum, in dem Menschen miteinander interagieren können, wobei eine Vernetzung zwischen der physischen und digitalen Welt geschaffen wird. Im Unterschied zu herkömmlichen Webseiten und sozialen Netzwerken soll das Metaverse ein hohes Maß an Immersion bieten – also einem bei den Nutzern hervorgerufenen Effekt, der das Bewusstsein dafür, sich in einer künstlichen Umgebung und nicht etwa einer realen Umgebung zu befinden, in den Hintergrund treten lässt. Was zunächst nach einem dystopischen Szenario klingt, bietet zahlreiche Chancen für digitales Arbeiten, Einkaufen, Bildung, Spiele oder sogar Reisen. 

Laut dem Finanz- und Marktanalyseunternehmen Bloomberg Intelligence könnte das Marktvolumen des Metaverse schon im Jahr 2024 weltweit bis zu 800 Milliarden US-Dollar betragen. Bereits in Anbetracht dieser Zahlen wird ein Konkurrenzverhältnis unter den Teilnehmern innerhalb des Metaverse zu erwarten sein. Deshalb ist es für zukünftige Metaverse-Nutzer ratsam, bereits jetzt über Fragen bezüglich des geistigen Eigentums und dessen Schutz nachzudenken. Hierfür kommen zunächst, wie auch in der realen Welt, die gängigen technischen als auch nicht-technischen Schutzechte in Betracht:  Marken, Patente und Designs.

Marken im Metaverse: Virtuelle Identitäten und rechtliche Realität

Auch im Metaverse muss eine Marke sicherstellen, dass ein Markenzeichen in Verbindung mit einer beanspruchten Ware oder Dienstleistung als Unterscheidungsmittel eines Unternehmens gegenüber den Waren und Dienstleistungen eines anderen Unternehmens dienen kann. Hierbei stellt sich jedoch die Frage, ob eine Marke, die für eine reale Ware eingetragen ist, auch Markenschutz für eine virtuelle Ware bietet.

In diesem Zusammenhang hat das Amt für geistiges Eigentum der Europäischen Union (EUIPO) in einem Leitfaden bereits festgelegt, dass virtuelle Waren in die Nizza Klasse 9 eingestuft werden sollten, in denen sich sonst Computer und wissenschaftliche Geräte wiederfinden. Aus praktischer Sicht bedeutet dies für den Anmelder oder die Anmelderin einer Marke also, dass diese nicht nur für physische Waren angemeldet werden sollte, wenn auch das digitale Gegenstück Schutz genießen soll. 

Eine besondere Stellung erhalten auch sogenannte NFTs (Non-fungible Token), bei denen es sich um eine besondere Produktgruppe handelt, deren Bedeutung bereits heute stetig zunimmt. Dabei handelt es sich um einzigartige digitale Zertifikate, die mit ihnen verbundene Gegenstände authentifizieren, indem sie in einer Blockchain registriert sind, sich jedoch von den virtuellen oder nicht virtuellen Gegenständen selbst unterscheiden. Mit ihnen ist es möglich, digitalen Besitz einwandfrei nachzuweisen. Als solche sollten NFTs ebenfalls in Klasse 9 aufgenommen werden. Allerdings muss auch die „Art des digitalen Gegenstands, der durch die NFT authentifiziert wird“, angegeben sein. Insofern ist es also in Zusammenhang mit Marken, die für NFTs registriert werden sollen erforderlich, eine möglichst konkrete Angabe über den zertifizierten Gegenstand zu machen. 

In Zusammenhang mit Markenanmeldungen und dem Metaverse ist also eine gewisse Weitsicht geboten, da bedacht werden sollte, in welchem Verhältnis man als Markeninhaber zwischen der physischen und der digitalen Welt operiert. Für Inhaber bereits eingetragener Marken heißt dies im Umkehrschluss wohl auch, dass eine neue Markenanmeldung zu empfehlen ist, wenn die gewerblichen Handlungen unter Nutzung einer bestehenden Marke auch auf das Metaverse ausgedehnt werden sollen. Ansonsten wird es wohl den Ämtern und Gerichten überlassen bleiben, zu entscheiden, ob virtuelle und physische Waren einen gewissen Grad an Ähnlichkeit aufweisen und ob die Verbraucher davon ausgehen, dass diese beiden Arten von Gegenständen dieselbe betriebliche Herkunft haben, wenn sie mit denselben oder ähnlichen Marken versehen sind. 

Patente im Metaverse: Ist das technisch oder kann das weg?

In Bezug auf die Frage, für wen Patentschutz im Metaverse relevant sein könnte, sollte in erster Linie zwischen hardware- und softwarebezogenen Patentanmeldungen unterschieden werden – denn je nachdem, ob es sich um eine Hardwarekomponente oder eine computerbasierte Erfindung handelt, können sich die Anforderungen unterscheiden. Entscheidend ist hierbei in beiden Fällen, dass der Gegenstand einer Patentanmeldung zwingend technischen Charakter aufweisen sollte.

Im Falle von Hardware-Erfindungen für das Metaverse sind insbesondere die technischen Mittel relevant, die den Zugang zum Metaverse ermöglichen. Hierzu gehören etwa Bildschirme oder Geräte zur Interaktion mit dem Metaverse, wie VR-Brillen, Sensoren, Prozessoren oder Speichermedien. Die entscheidenden Kriterien für die Erteilung eines Patents sind nach wie vor die Neuheit der Erfindung sowie die erfinderische Tätigkeit auf denen sie beruht.

Hingegen ist die Genehmigung von softwarebezogenen Patenten komplexer. Etwa vor dem Europäischen Patentamt sind Computerprogramme als solche vom Patentschutz ausgeschlossen, solange sie keinen technischen Charakter aufweisen. Um technischen Charakter aufzuweisen und damit nicht von der Patentierbarkeit ausgeschlossen zu sein, muss ein Computerprogramm beim Ablauf auf einem Computer eine technische Wirkung erzeugen. Relevant sind hierbei sicherlich Blockchains sowie Technologien zur Simulation.

Blockchains, unter denen eine fälschungssichere, dezentrale Datenbank verstanden wird in der Daten oder Transaktionen in zeitlich und kryptographisch verketteten Blöcken gespeichert werden, fallen in der Regel unter die Definition einer solchen computerimplementierten Erfindung und sind grundsätzlich patentierbar, soweit sie Kryptographie, Computer und Netzwerke betreffen. 

Wie oben angedeutet, besteht ein weiteres wichtiges Anwendungsfeld von softwaregestützten Erfindungen in der Simulation, Design und Modellierung von Produkten oder Vorgängen im Metaverse. Diese können dem Patentschutz ebenfalls zugänglich sein, sofern etwa die Simulation eines technischen Systems eine technische Wirkung erzielt, die über die bloße Implementierung der Simulation auf einem Computer hinausgeht – etwa indem eine Wechselwirkung mit einem realen Prozess erzeugt wird.

Da sich die Voraussetzungen für die Erlangung eines Patentes von Land zu Land unterscheiden, muss auch in Zusammenhang mit Patenten die jeweilige Prüfungspraxis berücksichtigt werden und insbesondere im Fall computerimplementierter Erfindungen einzelfallabhängig überprüft werden, ob diese dem Patentschutz grundsätzlich zugänglich sind oder nicht.

Designs im Metaverse: Kreativität auf dem Daten-Highway

Neben Marken und Patenten, stellt der Designschutz eine relevante Schutzrechtsart für Aktivitäten im Metaversum dar. Insbesondere im Vergleich zu Marken besteht ein Vorteil von Designs darin, dass sie üblicherweise nicht auf bestimmte Waren und Dienstleistungen beschränkt sind: Wenn ein Design zunächst einer bestimmten Produktbezeichnung zugeordnet wird, z. B. einem Gegenstand aus dem wirklichen Leben, kann der Designschutz dennoch gegen jedes andere Produkt durchgesetzt werden, das den gleichen Gesamteindruck hervorruft. 

Ein weiterer Vorteil von Design- oder Geschmacksmusterregistrierungen besteht in vielen Ländern darin, dass diese nicht nur für physische Produkte, sondern auch für grafische Symbole – also auch für Logos – verwendet werden können. Bei neuen Logos, die in Zukunft in Betracht gezogen werden, können Markeninhaber, die dies noch nicht getan haben, durchaus in Erwägung ziehen, neben einer Markenanmeldung für das Logo auch eine entsprechende Design- oder Geschmacksmusteranmeldung vorzunehmen, um die Verwendung des Logos in einem virtuellen Umfeld zu erleichtern. 

Der Vollständigkeit halber sei jedoch darauf hingewiesen, dass die Erlangung von Schutz für ein Design oder Geschmacksmustern dem Neuheitserfordernis unterliegt und damit dem informierten Benutzer vorbehaltlich etwaiger Neuheitsschonfristen nicht bekannt sein dürfen. Bei Geschmacksmustern, die bereits seit einiger Zeit auf dem Markt sind, ist es also unter Umständen nicht möglich, diese rückwirkend durch eine Geschmacksmustereintragung zu schützen. 

Metaverse vs. Territorialität

Eine wichtige Frage, die am Beginn einer jeder Schutzrechtsanmeldung steht, ist, in welchem Land Schutz ersucht werden soll. In Verbindung mit dem Metaverse erschwert sich die Beantwortung dieser Frage, da sich das Metaverse nicht innerhalb von Ländergrenzen bewegt. Gegebenenfalls können Daten zum Standort des Nutzers, dem Standort eines Providers, dem Standort der Server oder dem Standort eines vermeintlichen Verletzers Hinweise geben, wo eine Verletzung von Rechten im Metaverse verfolgt werden kann. Es stellt sich also die Frage, an welchem dieser Orte ein Schutzrecht besteht , damit dort gegen eine Verletzungshandlung vorgegangen werden kann.

Eine mögliche Antwort auf diese Frage kann zumindest im europäischen Umfeld aus der analogen Rechtsprechung im Online-Handel in Unionsmarkenstreitsachen gefunden werden. Hierbei sind nämlich die Gerichte des Mitgliedstaates international zuständig, in dem eine Verletzungshandlung begangen worden ist oder droht. Zu unterscheiden ist hierbei zwischen dem Handlungsort, also dem Ort, an dem die Verletzung tatsächlich stattfindet oder dem Erfolgsort, also dem Ort, an dem das schädigende Ereignis seine Wirkung entfaltet. Gemäß der Sichtweise des Bundesgerichtshofes aus dem Jahre 2017 ist hierbei der Handlungsort vorrangig relevant. Wenn also ein Verletzer von einem EU-Mitgliedstaat aus – im damaligen Streitfall Italien – Waren im Internet anbietet, die sich bestimmungsgemäß an Abnehmer in anderen EU-Mitgliedstaaten – im Streitfall Deutschland – richtet, liegt der Handlungsort in Italien, der Erfolgsort jedoch in Deutschland. Eine örtliche Zuständigkeit eines italienischen Gerichtes sollte demnach sogar dann gegeben sein, wenn das Internetangebot in deutscher Sprache ist.

Zieht man eine Parallele zwischen den typischen Strukturen einer grenzüberschreitenden Markenverletzung zu einer Schutzrechtsverletzung im Metaverse und berücksichtigt die oben wiedergegebene Rechtsprechung, müsste davon auszugehen sein, dass der Sitz des Verletzers den Gerichtsstand begründet, da es sich dabei um den Handlungsort der Markenverletzung handelt. Dies spricht für einen breit aufgestellten, internationalen Schutz – selbst in den Märkten, in denen man nicht aktiv ist. Aufgrund der Komplexität des Metaverse muss mit Blick auf die Anmeldestrategie daher wohl zu Vorsicht geraten werden und zumindest in territorialer Sicht zu einem weitläufigen Schutz geraten werden, der sich nicht zwangsläufig auf die Länder der relevanten Märkte beschränken muss.

Zwei weitere Aspekte, die im Zusammenhang mit der Durchsetzung von Rechten im Metaverse jedoch berücksichtigt werden müssen, sind die Anonymität, die das Metaverse seinen Nutzern bietet, sowie sein dezentraler Charakter. Diese führen dazu, dass es vermutlich nicht einfach werden wird, herauszubekommen, wo der Sitz des Verletzers ist, um ihn rechtlich belangen zu können. Zwar könnte der jeweilige Provider helfen, nähere Informationen zur Identität des Verletzers herauszugeben, allerdings bleibt abzuwarten, inwieweit dieser hier zur Mitwirkung verpflichtet sein wird oder ob nicht sogar er selbst, anstelle des eigentlichen Verletzers, in Haftung genommen werden kann – man denke an die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) aus dem Jahre 2022, aus der folgte, dass Amazon als Betreiber eines Online-Marktplatzes unter gewissen Umständen für Markenrechtsverletzungen von Dritten belangt werden kann. Zwar gibt es keine Zusicherung dafür, dass derlei Entscheidungen auch bei Schutzrechtsverletzungen im Metaverse Beachtung finden werden – nichtsdestotrotz lassen sich erkennbare Parallelen ziehen, die sicherlich nicht ohne Beachtung bleiben werden.

Fazit

Das Metaverse stellt zweifellos eine aufstrebende digitale Umgebung dar, in der gewerblicher Rechtschutz eine ebenso wichtige Rolle einnehmen wird, wie in der Realität. Anmelder und Inhaber von Schutzrechten sollten sich daher frühzeitig damit befassen, welche ihrer Rechte es im Metaverse zu sichern gilt und was für einen breitestmöglichen Schutz unternommen werden muss – gerne stehen wir Ihnen bei LBP hierbei zur Seite.

Haben Sie Fragen zum Thema?
Nehmen Sie gerne Kontakt mit uns auf.

Dietrich Berger

Dietrich Berger Patentanwalt

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