
Designrecht im Wandel
Was sich mit der Reform des Gemeinschaftsgeschmacksmusterrechts ändert
Mit der Reform des europäischen Geschmacksmusterrechts bringt die Europäische Union einen modernisierten Rechtsrahmen auf den Weg, der nicht nur sprachlich aufgeräumt, sondern auch technisch zukunftsfest gemacht wurde. Die Änderungen betreffen sowohl die Terminologie als auch zentrale materielle und verfahrensrechtliche Aspekte und zielen darauf ab, den Designschutz an das digitale Zeitalter anzupassen, die Verfahren zu vereinfachen und eine stärkere Harmonisierung innerhalb des europäischen Binnenmarkts zu erreichen.
Begrifflichkeiten
Zunächst wurde der Begriff „Gemeinschaftsgeschmacksmuster“ durch „Unionsgeschmacksmuster“ ersetzt. Diese Umbenennung trägt der europäischen Zielsetzung einer einheitlichen Begriffsverwendung Rechnung, ohne dabei nationale Vorschriften wie das deutsche Designgesetz, das bereits seit 2014 den Begriff „Design“ verwendet, zu verändern.
Parallel dazu wurde der Begriff „Erzeugnis“ neu gefasst: Künftig sind auch nicht-physische Erscheinungsformen ausdrücklich vom Geschmacksmusterschutz erfasst, sofern es sich nicht um Computerprogramme handelt. Damit wird klargestellt, dass auch digitale Gestaltungselemente wie grafische Benutzeroberflächen, Logos oder visuelle Oberflächenmuster schutzfähig sind.
Schutzbereich
Eine besonders praxisrelevante Neuerung betrifft den Schutzbereich: Dieser wurde auf die Nutzung digitaler Daten ausgeweitet. Künftig stellt bereits das Erstellen, Hochladen, Teilen oder Weitergeben von 3D-Daten, die zur Herstellung eines geschützten Produkts dienen, eine rechtsverletzende Handlung dar – eine längst überfällige Reaktion auf die zunehmende Bedeutung additiver Fertigungstechnologien wie dem 3D-Druck.
Ebenfalls geregelt wurde der Umgang mit sogenannten Reparaturteilen. Die bisherige sogenannte „Reparaturklausel“ war bislang lediglich als vorübergehende Ausnahme in der Verordnung angelegt. Sie ermöglichte den Mitgliedstaaten, Ersatzteile von der Geschmacksmusterfähigkeit auszunehmen, führte jedoch zu einer erheblichen Rechtszersplitterung innerhalb der EU: Während in einigen Ländern wie Deutschland eine Reparaturausnahme galt, waren Ersatzteile in anderen Mitgliedstaaten vollumfänglich geschmacksmusterfähig – mit entsprechendem Wettbewerbsnachteil für Hersteller und Verbraucher. Diese bislang uneinheitliche Regelung wird nun durch eine dauerhafte, unionsweit geltende Ausnahme ersetzt.
Konkret bedeutet das: Ersatzteile, die ausschließlich zum Zweck der Reparatur komplexer Erzeugnisse wie beispielsweise Fahrzeuge verwendet werden und dem Erscheinungsbild des Originals entsprechen, sind künftig ausdrücklich vom Geschmacksmusterschutz ausgenommen. Damit soll ein fairer Wettbewerb auf dem Ersatzteilmarkt gewährleistet werden, ohne die gestalterische Originalität des geschützten Produkts unangemessen einzuschränken.
Kennzeichnung
Eine weitere Neuerung besteht in der Möglichkeit zur Kennzeichnung geschützter Designs. Inhaber eines eingetragenen Unionsgeschmacksmusters können künftig ihre Produkte mit dem Buchstaben „D“ in einem Kreis versehen, um auf den bestehenden Geschmacksmusterschutz hinzuweisen. Diese Kennzeichnung ist freiwillig, kann aber zur besseren Markttransparenz und zur Abschreckung potenzieller Nachahmer beitragen.
Verfahren
Auch das Anmeldeverfahren wurde umfassend überarbeitet. Anmeldungen können künftig ausschließlich über das Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) eingereicht werden. Die Möglichkeit, physische Muster einzureichen, entfällt vollständig – die Digitalisierung macht es möglich. Zudem wurde das bislang bestehende Erfordernis der „Einheitlichkeit der Klasse“ aufgehoben, wodurch es nun möglich ist, eine größere Vielfalt an Designs innerhalb einer einzigen Sammelanmeldung zu erfassen. Gleichzeitig wurde die Zahl der in einer Anmeldung zulässigen Geschmacksmuster auf 50 begrenzt. Ein weiteres Detail betrifft die aufgeschobene Bekanntmachung: Diese ist künftig nicht mehr durch das bloße Unterlassen einer Gebührenzahlung steuerbar. Wer einzelne Geschmacksmuster nicht veröffentlichen möchte, kann die Bekanntmachung also nicht mehr durch Nichtzahlung verhindern, sondern muss ausdrücklich auf die Geschmacksmuster verzichten.
Ein Teil der Reform tritt bereits am 1. Mai 2025 in Kraft. Ab diesem Zeitpunkt gelten unter anderem die neuen Begriffsdefinitionen (z. B. „Unionsgeschmacksmuster“). Weitere Änderungen folgen zum 1. Juli 2026.
Fazit
Für Unternehmen, Designer und Rechteinhaber ist jetzt der richtige Zeitpunkt, ihre bestehende Schutzstrategie zu überprüfen und gegebenenfalls anzupassen. Die neuen Regelungen bieten zahlreiche Chancen – insbesondere im digitalen Bereich – verlangen aber auch ein sorgfältiges Verständnis der neuen Voraussetzungen und Abläufe.
Bei Fragen nehmen Sie gerne Kontakt mit uns auf.

Dr. Dietrich Berger
Patentanwalt