CP12 - Beweismittel im Markenrecht
Allgemeine Empfehlungen zur Einreichung und Strukturierung von Beweismitteln im Markenrecht
Die Ämter des European Union Intellectual Property Network haben im Rahmen der Harmonisierung der Marken- und Geschmacksmusterpraxis in Europa zusammengearbeitet und sich auf eine Gemeinsame Mitteilung geeinigt mit dem Ziel, allgemeine Grundsätze bezüglich der Beweismittel im Markenbeschwerdeverfahren aufzustellen. Das umfangreiche Dokument enthält eine Reihe von Empfehlungen. Insbesondere in Bezug auf Art, Mittel, Quellen sowie die Identifizierung maßgeblicher Daten und Vorgaben für die Strukturierung und Aufmachung sowie die Behandlung vertraulicher Beweismittel soll Harmonisierung erreicht werden.
Dieser Beitrag soll einen ersten Überblick über die Anforderungen der CP12 verschaffen und so helfen, Orientierung, Transparenz, Rechtssicherheit und Vorhersehbarkeit für Nutzer, Beteiligte und ihre Vertreter in den Markenrechts-Verfahren zu verbessern. Bei Bedarf wird die Vertiefung in das Werk CP12 empfohlen.
Als Beweismittel im Sinne der CP12 sind verschiedene Informationsquellen, die zur Feststellung und zum Nachweis von Tatsachen in Markenverfahren verwende werden können, zulässig. Grundsätzlich sollten Beteiligte ihre Beweismittel nicht zum ersten Mal im Beschwerdeverfahren vorlegen. Allerdings ist es möglich, Beweismittel, die zuvor im erstinstanzlichen Verfahren rechtzeitig vorgelegt wurden, mit weiteren Beweisen im Beschwerdeverfahren zu ergänzen oder zu verstärken.
Ziel der Einreichung von Beweismitteln kann es ein, den Nachweis der erworbenen Unterscheidungskraft zu führen, aber auch erhöhte Kennzeichnungskraft einer Marke, Bekanntheit oder ein notorisch bekanntes Zeichen oder einfach die rechtserhaltende Benutzung nachzuweisen.
Beweismittel im Markenrecht
Als Beweismittelquellen kommen grundsätzlich in Frage:
- – Rechnungen
- – Jahresberichte
- – Steuerbelege
- – Kataloge
- – Anzeigen
- – Werbematerial
- – Veröffentlichungen
- – Verpackungen
- – Muster
- – Etikette
- – Entscheidungen von Gerichten oder Ämtern
- – Zeugenaussagen
- – Vereidigte oder eidesstattliche Aussagen
- – Marktstudien
- – Rankings
- – Auszeichnungen
- – Elektronische Datenbanken
- – Website-Archive
- – Statische und dynamische Websites
- – Website-Analysen
- – Videos
- – Screenshots
- – Blogbeiträge
- – Auszüge aus sozialen Medien
- – Hyperlinks und URL-Adressen
- – E-Commerce-Plattformen
- – Apps
- – Metadaten
In Bezug auf die beispielhaft aufgeführten Möglichkeiten sei darauf hingewiesen, dass im Markenrecht solche Beweise, die von Dritten stammen, grundsätzlich mehr Relevanz für einen Nachweis vor dem EUIPO haben als solche, die vom Markeninhaber selbst in Auftrag gegeben wurden. Eidesstattliche Erklärungen eines Geschäftsführers zählen daher weniger als eine Erwähnung in einem Testergebnis eines unabhängigen Institutes.
In Bezug auf eidesstattliche Erklärungen oder Zeugenaussagen sind die Formerfordernisse zu beachten (siehe dazu ausführlich CP12).
Besonderheiten gelten für Online-Beweismittel, da diese andauernden Veränderungen unterliegen und anfällig für Manipulationen sind. Dabei werden Auszüge aus Online-Datenbanken ohne Weiteres akzeptiert, wenn sie entweder aus der offiziellen Datenbank eines der Ämter oder aus den offiziellen Datenbanken stammen, die von EU-Organen und -Einrichtungen oder internationalen Organisationen gepflegt werden (z. B. „eSearch Plus“ des EUIPO, „Madrid Monitor“ der WIPO, TMview).
Ausdrucke aus Website-Archiven, wie „Wayback Machine“ werden ebenfalls als zuverlässige Art von Online-Beweismitteln erachtet. Es wird jedoch empfohlen, diese durch andere Beweismittel aus alternativen Quellen zu bestätigen.
Insbesondere bei Verwendung von Wörterbüchern, Enzyklopädien und Datenbanken, wie „Wikipedia“ oder „Akronym Finder“ wird empfohlen, solche Informationen durch alternative Beweismittel zu erhärten.
Wert ist auch zu legen auf den Nachweis des Datums und des relevanten Gebiets des zu führenden Beweises. Zu beachten ist ebenfalls, dass zu unterscheiden ist zwischen dem Datum, an dem das Medium tatsächlich angesehen wurde und dem Datum, an dem es der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurde. Das maßgebliche Datum sollte sich – wenn möglich – direkt aus dem angeführten Beweismittel ergeben. Alternativ bieten sich Online-Beweis-Tools zur Bestimmung des relevanten Datums an, die computergenerierte Zeitstempel ermöglichen. Auch Suchmaschinen und Website-Archivierungsdienste oder forensische Software-Tools sind möglich.
Ausdrucke oder Screenshots dürfen nicht manuell abgeändert werden. Lediglich die Seitennummerierung ist erlaubt, nicht jedoch das Hinzufügen des Veröffentlichungsdatums oder der Quelle.
Präsentation der Beweismittel
- Die Beweismittel sollten im Anhang der Einreichung fortlaufend nummeriert und deutlich unterscheidbar sein.
- Jeder Anhang sollte mit einem spezifischen Deckblatt oder dem Vermerk „Anhang X“ sowie Verzeichnis und Seitenzahl versehen sein.
- Es sollt eine Erklärung enthalten sein, aus der hervorgeht, was zu beweisen beabsichtigt wird.
- Die Anhänge sollten in einer oder mehreren Dateien getrennt von der Datei, die die Einreichung enthält, eingereicht werden.
- Falls erforderlich sollte das Datum und die Signatur auf den einzelnen Seiten bzw. dem Vorbringen enthalten sein.
- Sollte nur ein Teil der Beweismittel für den Fall maßgeblich sein, sollte der Beweisführer ausschließlich die relevanten Seiten bzw. Abschnitte einreichen.
- Physische Gegenstände sollten als Abbildung (auch von mehreren Ansichten) eingereicht werden.
- Es sollten keine Originaldokumente, sondern Kopien (falls von Relevanz in Farbe) eingereicht werden.
- Sollte die elektronische Online-Einreichung nicht möglich sein (Datengröße), können ausschließlich Datenträger wie CD-ROM, DVD oder USB-Sticks eingereicht werden.
- URL-Adressen allein reichen nicht aus, da sich der Inhalt hinter dieser Adresse stetig ändern kann. Es wird empfohlen, die Beweise durch entsprechende Screenshots mit Erstellungsdatum und Ortsangaben zu ergänzen.
- Ist es erforderlich, dass die Offenlegung der Beweise oder Teile der maßgeblichen Beweise vertraulich behandelt werden soll, so hat die Partei in ihrem Vorbringen oder ihrem Antrag auf vertrauliche Behandlung eindeutig anzugeben, ob die vorgelegten Beweismittel gegenüber Dritten oder auch gegenüber der anderen Verfahrenspartei vertraulich behandelt werden sollen.
Folgen für die Praxis
Die Anforderungen an Beweismittel im Markenrecht scheinen hoch. Zu vergessen ist dabei aber nicht, dass Gerichte und Ämter dabei ein Zusammenspiel der einzelnen Beweise berücksichtigen. Ein unvollständiges oder schwaches Beweismittel kann eventuell durch ein anderes Beweismittel ergänzt oder erhärtet werden.
Grundsätzlich ist es ratsam, beizeiten und in Abständen Beweise zu sammeln, zu katalogisieren und zu sichern. Eine digitale Liste mit Zeiterfassung bietet sich da an, denn im Nachhinein ist der Aufwand insbesondere für die verschieden geschützten Waren oder Dienstleistungen ungleich höher. Studieren der CP12 kann bei Unsicherheiten weiterhelfen.
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Gracia-Regina Blumenröhr
Legal Counsel