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Champagner für alle? Der EuGH sagt Nein!

Dezember 2021

Umfasst der besondere Schutz der geschützten Ursprungsbezeichnung Champagne nur die Waren oder erstreckt sich dieser Schutz auch auf Dienstleistungen, die mit diesen in Verbindung stehen könnten? Dies hatte der Europäische Gerichtshof zu entscheiden.

geschützte Ursprungsbezeichnung Champagner

Urteil des EuGH vom 9.9.2021, C-783/19, CIVC gegen Champanillo

Sachverhalt

Der Eigentümer mehrerer Tapasbars in Spanien wirbt mit dem Namen Champanillo (kleiner Champagner) für seine Bars, auch auf Broschüren und in sozialen Netzwerken. Unterstützt wird die Marke mit der grafischen Darstellung zweier Gläser, die ein Schaumgetränk enthalten und mit denen offensichtlich gerade angestoßen wird.

Das spanische Patent- und Markenamt gab zwei Mal dem Widerspruch der CIVC (Comité Interprofessionnel du Vin de Champagne) – der Einrichtung zum Schutz der Interessen der Erzeuger von Champagner – statt, mit der Begründung, dass die Eintragung gegen die geschützte Ursprungsbezeichnung „Champagne“, die internationalen Schutz genieße, verstoße. 

Auch vor dem Handelsgericht klagte die CIVC gegen die Verwendung und Bewerbung des Namens Champagne durch den Beklagten. Dieses wies die Klage jedoch ab mit der Begründung, die Verwendung stelle keine Anspielung auf die geschützte Ursprungsbezeichnung Champagne dar, da die Marke in diesem Falle für Dienstleistung (Gastronomiebetrieb) eingetragen sei und nicht für alkoholhaltige Schaumgetränke. 

Das CIVC legt daraufhin Berufung beim Provinzgericht Barcelona ein. Dieses legt dem EuGH zur Vorabentscheidung folgende Fragen vor:

1. Umfasst der Schutz einer geschützten Ursprungsbezeichnung gem. Art .103 der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 nur ähnliche Produkte oder auch Dienstleistungen, die mit dem direkten oder indirekten Vertrieb dieser Erzeugnisse in Verbindung stehen könnten?

2. Ist die Verwechslungsgefahr der Marken im Hinblick auf den Durchschnittsverbraucher zu prüfen oder muss erst eine Ähnlichkeit der Produkte festgestellt werden?

3. Ist für die Verwechslungsgefahr vollständige oder hohe Übereinstimmung des Namens erforderlich oder reicht bereits eine Anspielung aus, sodass auch eine geringe oder irrelevante Anspielungsgefahr ausreichen kann?

4. Stellt der Schutz der Vorschrift einen speziellen Schutz dar oder muss er immer mit den Rechtsvorschriften gegen den unlauteren Wettbewerb in Verbindung gebracht werden. Muss also ein unlauteres Wettbewerbsverhalten festgestellt werden?

Grundsätzlich gilt, dass sich eine geschützte Ursprungsbezeichnung auf den Namen einer Gegend, eines bestimmten Ortes oder in Ausnahmefällen eines Landes bezieht, deren Erzeugnisse bestimmten Anforderungen in Bezug auf Herstellung und Verfahren unterliegen. 

Im Falle der geschützten Ursprungsbezeichnung Champagne bedeutet dies:

  • Er verdankt seine Güte oder Eigenschaften überwiegend oder ausschließlich den geografischen Verhältnissen einschließlich der natürlichen und menschlichen Einflüsse;
  • die Weintrauben, aus denen er gewonnen wird, stammen ausschließlich aus diesem geografischen Gebiet;
  • seine Herstellung erfolgt in diesem geografischen Gebiet und
  • er wurde aus Rebsorten gewonnen, die zu Vitis vinifera gehören;
Entscheidung

Der Europäische Gerichtshof entschied nun dazu:

1. Die Vorschrift ist auch insbesondere unter Berücksichtigung des Erwägungsgrundes dahingegen auszulegen, dass der sehr weite Schutz der geschützten Ursprungsbezeichnung nur erfüllt werden kann, wenn sich dieser sowohl auf Dienstleistungen als auch auf Produkte bezieht. Ziel der Vorschrift ist es, dem Verbraucher die versprochene Qualität zu garantieren, die sich durch die eingetragene geografische Angabe ergibt, sowie die Hersteller gegen Rufausbeutung durch Dritte zu schützen.

2. und 3. Eine Anspielung reicht aus, wenn der Verbraucher einen Zusammenhang zwischen dem fraglichen Erzeugnis und der geschützten geografischen Angabe herstellt. Dabei muss es sich um einen hinreichend unmittelbaren und eindeutigen Zusammenhang handeln.

Folglich setzt der Begriff „Anspielung“ im Sinne der Verordnung Nr. 1308/2013 nicht voraus, Produkte identisch oder ähnlich sind.

Deshalb hat das vorlegende Provinzgericht zu beurteilen, ob der Name CHAMPANILLO geeignet ist, einen normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen europäischen Durchschnittsverbraucher gedanklich dazu zu veranlassen, einen hinreichend unmittelbaren und eindeutigen Zusammenhang mit Champagner herzustellen, um anschließend prüfen zu können, ob im vorliegenden Fall eine Anspielung im Sinne der Vorordnung auf diese g.U. vorliegt. 

Das Bestehen eines solchen Zusammenhangs kann sich aus mehreren Umständen ergeben, insbesondere dem teilweisen Einschluss der geschützten Bezeichnung, der klanglichen und visuellen Nähe der beiden Namen und der daraus resultierenden Ähnlichkeit und – selbst wenn diese Umstände nicht vorliegen – aus der inhaltlichen Nähe der Bezeichnungen.

Die Luxemburger Richter wiesen darauf hin, dass die einschlägige EU-Verordnung Nr. 1308/2013 einen weiten Schutzbereich habe, der sich auf alle Verwendungen erstrecke und auch Anspielungen erfasse, also die Verwendung leicht abgewandelter Bezeichnungen, die immer noch erkennen lassen, worauf angespielt wird. Wie im Fall von „Champanillo“, einem Namen, bei dem der Durchschnittsverbraucher einen hinreichend unmittelbaren und eindeutigen gedanklichen Zusammenhang zu „Champagne“ herstellt.

4. Bei Art. 103 Abs. 2 Buchst. b der Verordnung Nr. 1308/2013 handelt es sich um eine objektive Schutzregelung, die einen besonderen und eigenständigen Schutz vorsieht, der unabhängig von den Bestimmungen des nationalen Rechts über den unlauteren Wettbewerb gilt. Es wird demnach kein Wettbewerbsverhältnis und auch nicht zwangsläufig ein unlauterer Wettbewerb vorausgesetzt.

Folgen für die Praxis

Geschützte Ursprungsbezeichnungen sind ein wichtiges Schutzgut im Markenrecht. Die Region, aus der etwa ein landwirtschaftliches Erzeugnis stammt und auch die Verarbeitung verspricht dem Verbraucher Qualität. Ein ganz besonderer Fall einer solchen Qualitätszuschreibung ist der Champagner. Darüber wacht die CIVC (Comité Interprofessionnel du Vin de Champagne). Bei Anspielungen auf die Bezeichnung Champagner ist im Markenrecht deshalb unbedingt Vorsicht geboten.

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