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Zweites Patentrechtsmodernisierungsgesetz - weitere Änderungen treten in Kraft

April 2022

Mit dem Zweiten Gesetz zur Vereinfachung und Modernisierung des Patentrechts wurden wesentliche Aspekte in Bezug auf die Verfahren vor dem deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) und dem Bundespatentgericht (BPatG) sowie die Verletzungsverfahren vor den ordentlichen Gerichten geändert. Teilweise traten diese Änderungen mit Verkündung bereits im August 2021 in Kraft, zwei wesentliche Aspekte entfalten Ihre Wirkung jedoch erst zum 01. Mai 2022.

PatG Gewerblicher Rechtsschutz
Anhörungen im Wege der Bild- und Tonübertragung

Ab dem 1. Mai 2022 können Anhörungen vor der Prüfungsstelle sowie der Patentabteilung des DPMA, gerade im Hinblick auf die zurückliegenden zwei Jahre, auch im Wege der Bild- und Tonübertragung durchgeführt werden. Die Frage der Zulässigkeit von Anhörungen als Videokonferenz wurde somit explizit geregelt. Inwieweit diese Maßnahme zu einer Beschleunigung der Verfahren, insbesondere der Einspruchsverfahren vor der Patenabteilung, führen kann, bleibt abzuwarten. Es dürften sich in den letzten zwei Jahren jedoch eine größere Anzahl an anhängigen Verfahren angehäuft haben. Zu den Rahmenbedingungen sowie den möglichen Plattformen für eine Anhörung im Rahmen der Bild- und Tonübertragung gibt es bislang noch keine Verlautbarungen und Informationen seitens des DPMA.

Einleitung nationale Phase vor dem DPMA

Auch erfolgt mit der Gesetzesänderung eine Anpassung der Frist zur Einleitung der nationalen Phase aus einer PCT-Anmeldung an das europäische Verfahren. Ab 1. Mai 2022 kann die nationale Phase nun innerhalb einer Frist von 31 Monaten (zuvor von 30 Monaten) nach dem Anmeldetag bzw. nach dem frühesten Prioritätstag eingeleitet werden. Die Frist von 31 Monaten für die Einleitung der deutschen nationalen Phase gilt für alle PCT-Anmeldungen, für die am 30. April 2022 die 30-Monatsfrist noch nicht abgelaufen ist bzw. nicht abläuft. Zudem darf vor dem 1. Mai 2022 kein wirksamer Antrag auf Eintritt in die deutsche nationale Phase gestellt worden sein (Mitteilung Nr. 3/22 der Präsidentin des DPMA).

Damit bleibt nun etwas mehr Zeit für die Entscheidung, insbesondere im Hinblick auf eine Entscheidung zwischen der Einleitung der nationalen Phase oder der regionalen europäischen Phase. Allerdings bleibt es für die deutsche nationale Phase weiterhin bei den Anforderungen, dass innerhalb der nun 31 Monate alle Handlungen, insbesondere auch das Einreichen von Übersetzungen oder die Gebührenzahlung, für einen wirksamen Eintritt vorgenommen werden müssen.

Erste Änderungen traten bereits im August 2021 in Kraft

Daneben traten bereits mit Verkündung des Gesetzes weitere Änderungen in Kraft. So wurde beim Unterlassungsanspruch eine Verhältnismäßigkeitsprüfung eingeführt. Demnach kann nun ein Unterlassungsanspruch ausgeschlossen sein, sofern dieser zu einer unverhältnismäßigen, nicht gerechtfertigten Härte gegenüber dem Verletzer bei Inanspruchnahme führen würde. Im Gegenzug steht jedoch dem Verletzten ein monetärer Ausgleich zu.

Die nun eingeführte Verhältnismäßigkeitsprüfung beim Unterlassungsanspruch war bereits auf der Grundlage der Entscheidung „Wärmetauscher“ des Bundesgerichtshof (X ZR 114/13) möglich, kam jedoch gemäß der Begründung zum Gesetz bei den Landgerichten und Oberlandesgerichten kaum zum Tragen. Die Auswirkung dieser Gesetzesänderung auf die Verfahren vor den Landgerichten und Oberlandesgerichten wird sich aber erst in einigen Jahren erkennen lassen.

Weiterhin wurde auch der Schutz von Geschäftsgeheimnissen in Patentstreitsachen mit einem expliziten Verweis im Patentgesetz auf das Gesetz zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen erleichtert. Somit können nun leichter Dokumente von der Akteneinsicht ausgenommen werden.

Beschleunigung des Patent-Nichtigkeitsverfahrens?!

Ebenfalls soll mit dem Zweiten Gesetz zur Vereinfachung und Modernisierung des Patentrechts der langen Verfahrensdauer in Nichtigkeitsverfahren vor dem BPatG entgegengewirkt werden. So ist nun der Widerspruch gegen eine Nichtigkeitsklage im Regelfall innerhalb von 2 Monaten nach Klagezustellung zu begründen und kann nur in begründeten Ausnahmefällen auf maximal 3 Monate verlängert werden. Gleichzeitig soll ein qualifizierter Hinweis des Senats bereits innerhalb von 6 Monaten nach Klagezustellung erstellt werden. Durch diese Maßnahmen sollen der Verlauf der Verletzungsverfahren vor den Landgerichten und Oberlandesgerichten und der Verlauf des Nichtigkeitsverfahrens vor dem BPatG mehr aufeinander abgestimmt werden.

Durch das Trennungsprinzip kann der Rechtsbestand eines Patents im Verletzungsverfahren vor den Landgerichten und Oberlandesgerichten nicht selbstständig angegriffen werden, hierzu bedarf es eines separaten Nichtigkeitsverfahrens vor dem BPatG. Bei der aktuellen Verfahrensdauer der Nichtigkeitsverfahren kommt es oft zu dem Umstand, dass eine Verletzungsklage meist bereits schon zweitinstanzlich vor dem Oberlandesgericht entschieden ist, bevor das BPatG über den Rechtsbestand entschieden hat. Auch hier wird sich erst in der Praxis in den nächsten Monaten und Jahren zeigen, inwieweit die neu eingeführte „Soll“-Vorfrist für die Erstellung des qualifizierten Hinweises umgesetzt werden kann und eine Angleichung der Verfahrensdauer erfolgt.

Schließlich wurde die Übernahme eines anhängigen Einspruchs-, Beschwerde- oder Nichtigkeitsverfahrens vereinfacht, da nun hierfür nicht mehr die Zustimmung der übrigen Verfahrensbeteiligten erforderlich ist. Dies war zuvor bereits im Markengesetz geändert worden, so dass hier eine Harmonisierung im Bereich der gewerblichen Schutzrechte erfolgte.

Unser Team steht Ihnen bei Fragen gerne zur Verfügung, sprechen Sie uns einfach an.

Dr. Philipp Ganz

Dr. Philipp Ganz Patentanwalt

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