Im Kampf gegen Produktpiraterie vereint: EUIPO, Amazon und Co.
Ungewöhnliche Kooperation: Das Amt der Europäischen Union für Geistiges Eigentum EUIPO arbeitet mit verschiedenen Marketplaces wie Amazon, Facebook und Alibaba zusammen, um gegen Produktpiraterie vorzugehen.
Ausgangslage: Produktpiraterie
Das Problem Marken- bzw. Produktpiraterie gewinnt in unserer globalisierten und vernetzen Welt durch die Vergrößerung der Absatzmärkte und den enormen Anstieg an Waren-, Dienstleistungs- und Informationsverkehr immer mehr an Aktualität.
Ein erster Ansatz, mit dem die Europäische Union das geistige Eigentum schützen und die Marken und Produktpiraterie bekämpfen wollte, war das internationale Handelsabkommen ACTA (Anti Counterfeiting Trade Agreement). Leider ist dieses Projekt gescheitert.
Dabei ist diese Problematik nicht mehr nur im Textilbereich bzw. Hochpreissegment anzutreffen, sondern branchenübergreifend in nahezu allen Bereichen. Es umfasst Markenparasiten ebenso wie Nachbauten und Fälschungen – kein Wunder, denn die erzielten Gewinne entsprechen teilweise dem des Drogenhandels.
Diese Form der stetig wachsenden Wirtschaftskriminalität stellt nicht nur die widerrechtliche Übernahme und Verbreitung von fremdem geistigen Eigentum und die bewusste Verletzung des Urheberrechts und des gewerblichen Rechtsschutzes durch gezielte Markenrechts- und Patentverletzungen dar, sondern es geht von ihr auch eine Bedrohung für Gesundheit und Sicherheit für den Verbraucher aus, ganz zu schweigen vom wirtschaftlichen Schaden, den diese hoch-professionellen Machenschaften für die Arbeitsplätze, Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen, den Handel und die Investitionen in Forschung und Innovationen haben.
Eindeutig steht laut Bericht der Europäischen Union bei diesem Rechtsverstoß weiterhin China als Herkunftsland mit einem Anteil von 80 % an der Spitze, gefolgt von Hongkong. Die Piraterie hat laut des Direktors der Europäischen Beobachtungsstelle für Verletzungen von Rechten des geistigen Eigentums während der Pandemie weiter zugenommen.
Nach Schätzungen haben Plagiate im vergangenen Jahr knapp 7% aller Einfuhren in die EU ausgemacht, das sind laut Jahres-Statistik des deutschen Jahres-Statistik des deutschen Zolls 2020 Waren im Wert von etwa 220 Milliarden Euro. Dreiviertel der Fälschungen kamen trotz vieler politischer Anstrengungen fast unverändert hoch aus China. Laut Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) entspricht das einem Schaden von 54 Milliarden Euro und einem geschätzten Wegfall von 500.000 Arbeitsplätzen.
Eine lesenswerte Studie zur Produktpiraterie des VDMA macht dies deutlich und weist zudem darauf hin, dass auch monetär schwer zu bewertende, aber nicht weniger ärgerliche Folgen wie Imageverlust, Verlust des Marktvorsprungs, aber auch ungerechtfertigte Regressansprüche zu berücksichtigen sind. Weltweit belief sich der Handel laut EUIPO mit Fälschungen im Jahre 2019 auf 414 Milliarden Euro bzw. 2,5 % des Welthandels, das entspricht etwa dem BIP einer hochentwickelten Volkswirtschaft wie Österreich.
Dies schadet nicht nur der innovationsorientierten Weltwirtschaft, es fördert auch die organisierte Kriminalität und untergräbt eine ordnungsgemäße Regierungsführung, Rechtsstaatlichkeit und das Vertrauen der Bürger in staatliches Handeln.
Alles in allem sind dies eindeutig besorgniserregende Zahlen.
Der Kampf gegen Produkt- und Markenkriminalität wird von den IP-Eigentümern mit großem Einsatz und Aufwand betrieben, damit sich Verbraucher auch weiter auf Marken und Produkte verlassen können. Dabei braucht es allerdings die Unterstützung der Politik und der Strafrechtsbehörden, aber genauso eine gewisse „Corporate Social Responsibility“ der Verbraucher, ein sozial verantwortliches Handeln am Ende der Wertschöpfungskette.
Best Practice für den IP-Eigentümer
Das EUIPO unterstützt die Unternehmen nun mit Hilfe verschiedener Marktplätze wie Amazon, Alibaba, Facebook oder Etsy.
Was ist zu tun, wenn Sie feststellen, dass jemand Ihre IP-Rechte durch Marken- oder Produktnachahmung in einem E-Commerce-Eintrag verletzt? Unbedingt müssen Sie die rechtsverletzenden Einträge entfernen lassen. Verschiedene Tools stehen hierfür zur Verfügung:
- Nutzen Sie die Meldesysteme der verschiedenen Marktplätze, die diese extra hierfür eingerichtet haben. Dies variiert von Marktplatz zu Marktplatz, mal muss man sich per Mail melden, mal findet man schon ein entsprechendes Formular vorbereitet.
- Gegebenenfalls brauchen Sie hierfür Nachweise über Ihre Rechte an Ihrem geistigen Eigentum sowie die mutmaßlichen rechtsverletzenden Einträge (URL). Machen Sie Screenshots zur Beweissicherung.
- Außerdem unterstützen verschiedene Marktplätze spezielle Programme zum Schutz des geistigen Eigentums, um in einem vereinfachten Verfahren rechtsverletzende Einträge zu suchen, zu finden und zu melden.
Folgende E-Commerce-Marktplätze haben in Zusammenarbeit mit dem EUIPO Informationen und Links für Sie zusammengestellt, um Ihnen den Zugang zu genannten Meldeverfahren und Programmen zum Schutz Ihres geistigen Eigentums zu erleichtern:
Falls ein Link nicht funktionieren sollte oder Sie Probleme haben, auf einige der Informationen der E-Commerce-Marktplätze zuzugreifen, hilft Ihnen auch das Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum EUIPO weiter.
Natürlich unterstützt auch unsere Kanzlei Sie gerne dabei, Ihre Rechte an Ihrem geistigen Eigentum durchzusetzen.
Gracia-Regina Blumenröhr
Legal Counsel